Interview Fairness und Nachhaltigkeit versus Wirtschaftlichkeit

Sandra Soltermann ist Geschäftsführerin und Designerin des Modelabels etriswelches sie im Herbst 2016 gegründet hat. Qualität, Wertschätzung und das faire Einbinden der gesamten Produktionskette waren zentrale Elemente für den Aufbau des slow fashion Labels. Knapp drei Jahre nach dem Start blickt die Gründerin im Interview zurück und zieht erstmals Bilanz.

etris gibt es nun seit fast drei Jahren. Wie bewertest du die Entwicklung des Labels zum jetzigen Zeitpunkt?

Wir haben einen guten Start hingelegt. etris konnte sich am Markt positionieren, hat als Marke ihren Stil gefunden und ist bereit für weiteres Wachstum. Die Beschaffungs- und Produktionskette ist optimal aufgestellt und bereit für grössere Quantitäten.

Du hast die Idee des Labels etris entwickelt, um der Ausbeutung, Gier und Verschwendung in der Modewelt einen ausgewogenen Ansatz entgegen zu setzen, welcher unsere Bedürfnisse genauso befriedigt, zu unserer Welt Sorge trägt und allen Beteiligten Vorteile bringt. Wie gut ist dies bis jetzt gelungen?

Ich denke, dass etris diese Zielen treu bleiben konnte und diese auch für die KonsumentInnen nachvollziehbar abgebildet werden. Stichwort „Nachverfolgbarkeit“. Mittels QR-Code in jedem Kleidungsstück ist die ganze Liefer- und Produktionskette jedes einzelnen etris Kleidungsstücks transparent gemacht.

Wer sich mit der Verschwendung auseinandersetzt, beschliesst konsequenterweise als erstes, weniger zu konsumieren. Dies ist auf den ersten Blick kontraproduktiv für etris, da das Label auf den Verkauf angewiesen ist. Doch slow fashion ist geduldig: Die Produkte haben sehr viele Vorteile für Menschen, welche diesen Weg gehen wollen und gerne Mode haben. Bei etris erhalten sie Bekleidung in hochstehender Qualität, die perfekt passt. Zeitlose Schnitte für unterschiedlichen Gebrauch und Lebensphasen. Ausserdem machen ausgewählte Stoffe die Kleidung angenehm tragbar, funktional und langlebig. Solche Punkte sind ein wichtiger Teil von nachhaltiger Mode und machen aus dem Konsumgut ein Investitionsgut. Die Kundinnen und Kunden, welche diesen Weg gehen möchten, sollten darauf achten, öfters solche Labels unterstützen und natürlich bereit sein, kurzfristig dafür etwas mehr zu bezahlen. Die eigenen Kaufentscheide beeinflussen das Angebot. Je mehr Einzelpersonen sich entscheiden, nur noch Bekleidung zu kaufen, die unter fairen sozialen und ökologischen Bedingungen produziert wurde, desto mehr wird solche Ware produziert.

Spricht dieses Konzept die Kunden an?

Die Kunden sprechen sehr gut auf das Konzept an. Die Kleider gefallen und sehr viele Personen sind dankbar über die Option einer Massanfertigung.

Wie bereit sind die Kunden etwas mehr zu bezahlen, um dafür einen Teil zur Nachhaltigkeit beizutragen?

Leider ist der Preis oft ein Kriterium, sich für günstigere Kleidung zu entscheiden, von der nicht bekannt ist, woher und unter welchen Bedingung diese hergestellt wurde. Bei etris bezahlt der Verkaufspreis mit fairer Entlöhnung die gesamte reale Arbeit, welche an einem Kleidungsstück geleistet wurde. Von daher rechtfertigen sich die Preise, werden transparent gehalten und sind in keiner Weise im Luxussegment angesiedelt.

Die meisten Kleider auf dem Markt sind viel zu billig. Darin verborgen ist immer Ausbeutung: Sei es in Bezug auf die Rohstoffe oder die Menschen, welche die Materialien herstellen oder die Kleider produzieren.

Wo liegen die Schwierigkeiten für etris?

etris hat die Kosten für die Entwicklung der Designs und Schnitte, fürs Marketing und für den Verkauf zu tragen und muss die Investitionen für neue Kollektionen vorauszahlen. Um diese Kosten decken zu können, muss etris zu einer grösseren verkauften Stückzahl kommen, um das Fortbestehen des Labels sichern und sich weiter entwickeln zu können. Die Hauptschwierigkeit ein grösseres Verkaufsvolumen zu erreichen besteht darin, dass kein Budget für Werbung oder einen Standort mit viel Laufpublikum im Konzept vorgesehen sind, sozusagen eine Sparmassnahme, damit die Preise „fair“ bleiben.

Was müsste geändert werden, damit es aufgeht?

Entweder wird etris durch Mund zu Mund Propaganda so bekannt, dass es organisch weiter wachsen kann. Es ist sehr schwierig, dass die Kleider auch in anderen Läden verkauft werden, da etris durch die dort erhobenen Margen zu einem preislichen Luxuslabel wird. Ich weiss auch grad nicht was sagen. Ich bin selber etwas ratlos.

Hand aufs Herz, was bleibt am Ende noch für dich übrig?

Im Moment noch nichts. Ich hoffe bald soweit zu sein, dass ich die Kosten decken kann.

Hast du Möglichkeiten dich Unterstützen zu lassen?

etris ist bin dankbar für jede Unterstützung von Stiftungen oder Institutionen, dank welchen etris überhaupt ins Leben gerufen werden konnte.Die schönste Unterstützung sind aber immer noch die Menschen, die etris Kleider kaufen. Dann haben wir eine echte „Win-Win“ Situation, die nachhaltig ist.

Jede weitere Idee oder Unterstützung ist herzlich willkommen.

Was sind die Pläne für die Zukunft?

Ich möchte die Erfahrung und Kundenrückmeldungen in die Entwicklung von neuen Modelle und neuen Produkten stecken.

Ich möchte neue Wege finden, meine Bekleidung für ein breiteres Kundensegment zugänglich und so slow fashion konkret erlebbar zu machen und als echte Alternative zum üblichen kurzsichtigen Modegeschäft ausbauen.

Wir sind für dich da!

Wir freuen uns über deine Mitteilung!

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